Der Schwarze Obelisk #3
Der Buchklub im November: Der Schwarze Obelisk von Erich Maria Remarque. Eine Geschichte über Liebe, verlorene Jugend und das Leben in der Weimarer Republik. Begleitartikel mit Details zur Handlung im Buch.
Willkommen im Buchklub. Im November lesen wir Der Schwarze Obelisk von Erich Maria Remarque.
Otto sucht Inspiration
Der Dichterklub macht einen Ausflug zum Bordell. Der Grund dafür ist Otto, ein schüchterner 26 Jahre alter Poet mit Motivationsproblemen. Otto ist sich sicher, dass er kein vollendeter Dichter sein kann, ohne jemals mit einer Frau geschlafen zu haben. Seine Kameraden sind mit dabei um ihm Mut zu machen, oder um seinen Kopf zur allgemeinen Bespaßung mit wilden Lügengeschichten zu füllen.
Wir erfahren, dass Ludwig und Willy den Puff und die Damen, die dort arbeiten, gut kennen, denn sie haben dort viele Nachmittage ihrer Kindheit verbracht. Sie wussten damals natürlich nichts vom Beruf der Frauen, sondern eher durch Zufall ergab es sich, dass sie dort oft ihre Hausaufgaben machten und die Frauen so etwas wie ihre Ersatzmütter wurden.
So kam es, daß wir als Jungfrauen ins Feld fuhren und daß siebzehn von uns fielen, ohne je gewußt zu haben, was eine Frau ist. (Der Schwarze Obelisk, Seite 209)
Die Sache mit der Liebe
Im letzten Teil haben wir erfahren, dass Gerda nicht zum Zirkus geht und wegen Eduard Knobloch, dem Wirt des „Walhalla", in der Stadt bleibt. Ludwig hat die Hoffnung schon aufgegeben, doch nach einem Treffen im Restaurant des Hotels lädt sie ihn in ihre Wohnung ein. Dort schlafen sie miteinander und Gerda erteilt Ludwig eine Lektion in Sachen Liebe und Idealvorstellungen.
Sie ist nicht der Liebe wegen bei Eduard, sondern aus praktischen Gründen. Er kann ihr als erfolgreicher Wirt und Hotelbesitzer finanzielle Sicherheit bieten. Ludwig kann das anfangs nicht verstehen, denn für ihn gibt es nur das Ideal der wahren Liebe.
Diese Liebe ist nicht Gerda, sondern Isabelle. Mit ihrem Gerede über verworrene, tiefgründig philosophische Themen verunsichert sie ihn zwar bei jedem Treffen, dennoch verliebt er sich immer mehr in sie.
Ich liebe dich, Herz meines Herzens, einzige Stille in all dem Aufruhr, ich liebe dich, die du hörst, ob die Blume dürstet und ob die Zeit müde ist wie ein Jagdhund am Abend, ich liebe dich, und es strömt aus mir heraus wie aus einem soeben aufgeschlossenen Tor, [...] (Der Schwarze Obelisk, Seite 303)
Isabelle und die Jugend
Ludwig sucht sehnsüchtig nach seiner verlorenen Jugend. Sie wurde ihm im Krieg genommen. Jetzt hat er sie wiedergefunden, in Form von Isabelle. Doch auch sie wird er verlieren. Der Arzt der Anstalt heilt Isabelle von ihrer Krankheit und sie verwandelt sich zurück zu Geneviève Terhoven und erinnert sich plötzlich nicht mehr an Ludwig.
Sie ist gesund geworden, und ich bin aus ihren Händen geglitten wie aus den Händen einer schlafenden Bäuerin eine Zeitung. Sie erinnert sich an nichts mehr. Es ist, als wäre sie aus einer Narkose erwacht. Die Zeit hier oben ist aus ihrem Gedächtnis entschwunden. Sie hat alles vergessen. Sie ist Geneviève Terhoven und weiß nicht mehr, wer Isabelle war. (Der Schwarze Obelisk, Seite 348)
Ludwig weiß, dass es unmöglich für ihn ist, zu versuchen, sich erneut mit Geneviève anzufreunden. Sie stammt aus einer wohlhabenden Familie voller großer Worte und er kann sich nicht einmal einen Anzug leisten. Also gibt er sie auf, und gleichzeitig entschließt er sich, sein altes Leben als Grabsteinverkäufer zu verlassen und sich einen neuen Beruf zu suchen.
Der Granitverkäufer Riesenberg hilft ihm dabei. Er hat ein Angebot für eine Anstellung bei einer Berliner Zeitung für Ludwig. Das alles passiert genau zu dem Zeitpunkt, als auch die Zeit der Inflation vorbei ist und eine neue stabile Währung eingeführt wird.
[...] geh, Isabelle, geh, meine späte, nachgeholte, über einen Krieg zurückgerissene, etwas zu wissende, etwas zu altkluge Jugend, geh, geht beide, und auch ich werde gehen, [...] (Der Schwarze Obelisk, Seite 367)
Abenddämmerung der Republik
Die Regierung der Weimarer Republik hat einen gefährlichen Handel gemacht. Am Ende der Inflation ist sie ihre Kriegsschulden los, aber zu welchem Preis? Sie hat das Vertrauen der Bevölkerung verloren und ein erstarken der rechtspopulistischen NSDAP möglich gemacht.
Remarque gelingt es, das selbstgerechte, traditionsvernarrte Wesen der Deutschen in der jungen Republik glaubhaft zu beschreiben. Wir erfahren wie skrupellos die Regierung, die zu großen Teil noch aus den selben Beamten und Richtern wie zuvor im Kaiserreich besteht, mit der Situation umgeht. Verbrechen von rechts werden von der Polizei ignoriert, während links scharf geurteilt wird.
Auch die Situation in den Familien ist nicht besser. Viele Männer sind vom Krieg und vom Elend danach verroht. Frauen und Kinder werden geschlagen. Obwohl gerade in der Weimarer Republik den Frauen mehr Rechte zugesprochen wurden, sind viele Familienverhältnisse noch die selben wie in der Monarchie und werden es noch viele Jahre sein.
Der Schwarze Obelisk
Am Ende des Romans stirbt das Eiserne Pferd, eine bekannte Prostituierte im Bordell an der Bahnhofsstraße. Dort, wo Ludwig nach dem Tod seiner Mutter als Kind viel Zeit verbracht hat. Ludwig wird als Grabsteinverkäufer gerufen.
Die Frauen wollen einen ganz besonderen Grabstein und entscheiden sich zu Ludwigs Überraschung für den Schwarzen Obelisk, der seit der Gründung der Firma unverkauft im Hof steht. Mit diesem Verkauf rettet Ludwig die Firma vor dem drohenden Bankrott.
Der Abschied geht schnell und Ludwig nimmt Abschied von seinen Freunden und Vereinskameraden. Jahre später, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, kommt er noch einmal zurück, doch die alte Stadt ist nicht mehr wiederzuerkennen. Alles ist zerbombt. Wir erfahren, dass viele seiner ehemaligen Freunde und Bekannten gestorben sind. Von Geneviève Terhoven hat Ludwig nie wieder etwas gehört.
Nichts war mehr da als Trümmer, und ich fand auch niemand von früher wieder. In einem kleinen Laden, der sich nahe dem Bahnhof in einer Bretterbude befand, kaufte ich ein paar Postkarten mit Ansichten der Stadt aus der Zeit vor dem Kriege. Das war alles, was übrig geblieben war. Wenn jemand früher sich seiner Jugend erinnern wollte, ging er an den Ort zurück, wo er sie verbracht hatte. Heut kann man das in Deutschland kaum noch. Alles ist zerstört und neu aufgebaut worden und fremd. Postkarten müssen es ersetzen. (Der Schwarze Obelisk, Seite 394)
Ende
Das war's mit dem Buch für November. Wenn ihr Lust habt, mehr zu lesen, dann macht im Dezember mit! Wir lesen Die Farbe Lila von Alice Walker.
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